„Du machst mich verlegen“ ist nicht mit „Ich habe mich verlegen“ zu verwechseln. „Verlegen“ stammt im ersten Fall von „Verlegenheit„, worauf hier gleich näher eingegangen wird und im zweiten Fall von der „Liegeposition„. Wer also keine Schmerzen im Körper spürt, ist vielleicht verlegen, hat sich aber nicht verlegen.
Was bedeutet „Verlegenheit“?
Die „Verlegenheit“ ist eine verbale Antwort oder physische Bewegung und kommt aufgrund einer Unsicherheit oder Befangenheit zustande. Menschen, die schüchtern sind, reagieren häufig mit Verlegenheit oder „reagieren verlegen„. Verlegenheit wird emotional geäußert, meistens von Scham begleitet.
Wann ist jemand „verlegen“?
Komplimente sind grundsätzlich schön, können dennoch „verlegen“ machen. Denn wer schüchtern ist, kann mit Komplimenten nicht so locker umgehen, wie sehr selbstbewusste Menschen die Komplimente herausfordern und erwarten. Menschen, die sich selbst minderwertig fühlen, weil sie weniger von ihrem Äußeren überzeugt sind und sich nicht schön oder hübsch fühlen, geraten bei Komplimenten in einen emotionalen Konflikt. Einerseits freut sie das Lob und die Anerkennung des Gegenübers, andererseits möchten sie nicht auf ihr Äußeres reduziert werden und empfinden das Lob als einen Akt der Scham.
Empathische Menschen wissen besser, wann sie einem anderen Menschen ein Kompliment aussprechen können, ohne dass dieser „verlegen“ reagiert. Die Verlegenheit kann auch dazu führen, dass der Mensch, der das Kompliment erhält, sich von dem vollständig abwendet, der es ausgesprochen hat. Die Verlegenheit wird durch ein sehr zurückhaltendes „Okay“ oder „Danke“ geäußert oder mit dem Wegdrehen des Blicks zur Seite oder nach unten. Die Haltung des gesenkten Kopfs nach einem Kompliment ist das deutlichste nonverbale Zeichen der „Verlegenheit“.
„Verlegen“ aufgrund einer Typveränderung
Es gibt Menschen, die kleiden sich unauffällig. Das sind Menschen, die kaum einer beachtet, die bei Festen nicht eingeladen werden oder auf solchen „unsichtbar“ bleiben. Sie re- und agieren stets zurückhaltend, schminken sich kaum und tragen eher „langweilige“ Frisuren. Sie sind kein Gespräch wert, weil ihnen im Leben nichts Besonderes passiert oder sie aufregende Urlaube online posten.
Kommt er oder sie eines Tages mit einer auffälligen neuen Frisur ins Büro, ändert sich unter Umständen die Wahrnehmung der Kollegen. Dabei war das gar nicht das Ziel, sondern einfach die Lust auf eine neue Frisur. Plötzlich steht die Person, die sonst für alle unsichtbar wahr, im Mittelpunkt und reagiert „verlegen„. Mit so viel Aufmerksamkeit hat die Person nicht gerechnet und weiß auch nicht damit umzugehen.
Das endet in der Regel auch nicht wie in einem Film, wo aus dem „hässlichen Entlein“ plötzlich der „schöne Schwan“ wird. Im Gegenteil, die Situation darf unter keinen Umständen erneut eintreten, weshalb die Person wieder zur „Unsichtbarkeit“ zurückkehrt. Kollegen sollten deshalb behutsam Komplimente ausdrücken, immer mit etwas Distanz, um der gelobten Person die Möglichkeit zu geben, die Aufmerksamkeit zu verarbeiten und kleine Schritte dahin zu machen mehr Selbstbewusstsein aufzubauen.
Peinliche Situationen im Alltag
Nicht alle fallen positiv auf und nicht immer ist ein Kompliment der Auslöser für die „Verlegenheit“. In der Schule sind es vor allem Außenseiter:innen, die „peinlich berührt“ sind, wenn ihnen ein Missgeschick passiert, wovon die gesamte Klasse oder der Großteil der Schule Kenntnis nimmt. Folgende Situation – und es gibt sie mehrmals in der Woche in Europa – ist für weibliche Heranwachsende einer der schlimmsten und peinlichsten Momente in der Schule:
Während die Menstruation einsetzt, trägt die heranwachsende Jugendliche einen weißen Slip und weine weiße Hose. Noch bevor sie eingreifen kann, läuft es. Mag das Mädchen oder die junge heranwachsende Frau noch so selbstbewusst sein, in dem Augenblick wird jede „verlegen„. Die Verlegenheit rührt durch eine peinliche Situation, denn in dem Augenblick, wo sie sich zu erkennen gibt, wird es vor allem Jungs geben, die eine solche Situation ausnutzen. Da heute in der Schule fast alle Schüler:innen ein Smartphone dabei haben, besteht zudem die Gefahr, zum Gespött der Öffentlichkeit zu werden.
Peinlich berührt oder „verlegen“ sind auch Jungs, die mitten im Unterricht einnässen. Lehrkräfte, die vergessen haben, nach dem Pinkeln ihren „Hosenstall“ zu schließen. Schüler:innen, die im Schlafanzug zur Schule kommen, ob wirklich vergessen oder als Erziehungsmaßnahme der Eltern, sei dahingestellt. Es gibt in allen Bildungseinrichtungen die Zeit der Peinlichkeiten, wo die Verlegenheit auch die stärksten und selbstbewusstesten Menschen unter uns trifft.
„Du machst mich verlegen“ bedeutet, sich selbst minderwertig wahrzunehmen, den Mittelpunkt zu meiden und um jeden Preis nicht auffallen zu wollen.